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bioethanol [2006/09/23 22:21] |
bioethanol [2006/09/23 22:21] (aktuell) |
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+ | Siehe auch: [[Biodiesel]], | ||
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+ | ===== Kurze Erklärung ===== | ||
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+ | Ethanol ist eine chemische Verbindung, deren Molekül aus zwei Kohlenstoffatomen, | ||
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+ | Häufig wird diese Verbindung umgangssprachlich als Alkohol (Trinkalkohol) bezeichnet, obwohl sie nur der prominenteste Vertreter der Stoffgruppe der Alkohole ist. Gebräuchlich sind auch die Bezeichnungen Ethylalkohol, | ||
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+ | Durch Gärung aus Biomasse gewonnenen Ethanol bezeichnet man auch als Agrar- oder **Bioethanol**. Man kann Ethanol aber auch durch die Synthese aus Wasser und Ethen unter Zugabe von Schwefelsäure als Katalysator herstellen. | ||
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+ | ===== chemische Beschaffenheit ===== | ||
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+ | |Dichte \varrho|ca. 0,7894 g/cm³ (bei wasserfreiem Ethanol)| | ||
+ | |Summenformel|C2H5OH| | ||
+ | |Energiedichte pro kg|7,44 kWh/kg = 26,78 MJ/kg| | ||
+ | |Energiedichte pro Liter|5,87 kWh/l = 21,14 MJ/l| | ||
+ | |Schmelzpunkt|-114, | ||
+ | |Siedepunkt|78, | ||
+ | |Dampfdruck|58, | ||
+ | |Flammpunkt|12 °C| | ||
+ | |Zündtemperatur|425 °C (DIN 51794)| | ||
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+ | Durch die OH-Gruppe (Hydroxylgruppe) ist Ethanol im Gegensatz zu Ethan polar. Daraus resultiert eine wesentlich bessere Wasserlöslichkeit. Als Lösungsmittel ist es deshalb für viele Stoffe besonders geeignet. So werden in der Pharmazie viele Pflanzenauszüge oder andere Medikamente als alkoholische Lösung dargeboten. | ||
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+ | Mit Wasser ist Ethanol unbegrenzt mischbar. Es bildet ein azeotropes Gemisch, so dass beim Destillieren von Ethanol kein reiner (absoluter) Alkohol, sondern ein Gemisch mit rund 6 Prozent Wasser entsteht. Um absoluten Alkohol herzustellen, | ||
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+ | Großtechnisch erfolgt die Trennung von Ethanol/ | ||
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+ | Bei Temperaturen um die -20 °C (Gefrierschrank) verdunstet Ethanol (96%) kaum noch und zeigt eher zähflüssige Eigenschaften. Bei -70 °C (durch Trockeneis) wird es noch zähflüssiger. | ||
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+ | ===== Giftigkeit ===== | ||
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+ | Ethanol ist der wichtigste Bestandteil alkoholischer Getränke. Für den Menschen ist Ethanol giftig. Geringe Mengen können noch von der Leber entgiftet werden. Eine übermäßige Einnahme (über etwa 1 Promille Alkoholkonzentration im Blut) führt zu typischen Trunkenheitssymptomen wie Schwindel, Übelkeit, Orientierungsstörung, | ||
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+ | Die regelmäßige Einnahme von Ethanol kann zur Sucht (Alkoholkrankheit) führen. Dabei werden alle Zellen des Körpers geschädigt. Insbesondere leiden das Nervensystem und die Leber. Epilepsie, Psychosen, soziale Vereinsamung und der verfrühte Tod können die Folge sein. In Deutschland sterben über 73.000 Menschen jährlich vorzeitig aufgrund ihres Alkoholmissbrauchs (Quelle: DHS/Hamm - Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren, | ||
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+ | Bei einer akuten Ethanolvergiftung hilft das Herbeiführen des Erbrechens des Giftes. Dieses kann auch durch Auspumpen des Mageninhalts erfolgen. Danach sollte viel Wasser getrunken oder - falls nicht mehr möglich - intravenös physiologische Kochsalzlösung infundiert werden. | ||
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+ | ===== Verwendung ===== | ||
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+ | Ethanol ist für Bakterien giftig und wird daher häufig als Desinfektionsmittel verwendet. Dabei ist die Wirksamkeit am höchsten, wenn ein Gemisch von Ethanol und Wasser mit ungefähr 70 % Alkoholgehalt verwendet wird. Auch wird durch Einreiben mit Spiritus (z. B. Franzbranntwein) die Durchblutung gefördert. Im Haushalt wird Spiritus gern als Reinigungsmittel für Glas, Chrom, Kunststoff usw. verwendet. In der Scheibenwaschanlage von Automobilen wirkt Spiritus sowohl als Reinigungs- als auch als Frostschutzmittel. Seltener findet Ethanol in Geruchsneutralisierern verwendung. Der starke Ethanolgeruch überdeckt schlechte Gerüche, er neutralisiert Sie nicht. Vielmehr wirken Geruchsneutralisierer auf Ethanol-Basis ausschließlich auf Oberflächen, | ||
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+ | Als Brennstoff wird Ethanol in Form von Brennspiritus verwendet, beispielsweise für Rechauds sowie Camping- und Expeditionskocher. | ||
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+ | Grundsätzlich unterliegt die Verwendung von Ethanol der Branntweinsteuer. Um zu verhindern, dass Ethanol ohne Entrichtung dieser Steuer als Genussmittel getrunken oder diesen beigefügt wird, wird es vergällt. Die Verwendung vergällten Ethanols ist dann im technischen Sektor (Druckerei, Lackherstellung, | ||
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+ | Unter gleicher Maßgabe ist die steuerfreie Verwendung von Brennspiritus für jedermann überhaupt erst möglich. Hier wird dem Ethanol zusätzlich zum MEK noch das extrem bittere Denatoniumbenzoat (1 Gramm/100 Liter) beigemischt. Die früher übliche Verwendung von Pyridinen als Vergällungsmittel für Brennspiritus ist branntweinsteuerrechtlich zwar immer noch erlaubt, diese werden aber wegen ihrer gesundheitlichen Bedenklichkeit seit ca. 1993 von deutschen Herstellern nicht mehr eingesetzt. | ||
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+ | Zu beobachten ist zudem, dass einige Spiritusabfüller, | ||
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+ | Die Vergällungsmittel haben meist ähnliche Siedepunkte wie Ethanol, so dass sie sich durch Destillieren nur schwierig entfernen lassen. | ||
+ | Die Vergällungsmittel Diethylphtalat (Verwendung auch als Weichmacher) und MEK stellen ein Problem bei der Verwendung als Reinigungsmittel dar: Farben und Lacke, die an sich resistent gegen Ethanol sind, können erweichen oder angegriffen werden. | ||
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+ | Nicht zu verwechseln ist Brennspiritus mit Trockenspiritus, | ||
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+ | ===== Medizin ===== | ||
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+ | Eine Verwendung ist der Einsatz von Ethanol zur Behandlung von Insektenstichen: | ||
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+ | Eine 70%ige, wässrige Ethanollösung dient zur Desinfektion. Das Trinken von Ethanol oder alkoholischen Getränken nützt jedoch nichts gegen Infektionen. Alkoholische Getränke mit einem Ethanolgehalt von weniger als 16 Prozent können sich selber nicht keimfrei halten; und deshalb sind die meisten Alkoholika etwa zur Desinfektion von Wunden nicht geeignet. Portweinen wird deshalb Ethanol zugegeben, um zum gewünschten Zeitpunkt den Fermentationsprozess zu beenden. | ||
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+ | Bei einer Vergiftung mit Methanol wird als erste Maßnahme Ethanol intravenös gegeben, sodass die Leber bzw. das Enzym Alkoholdehydrogenase die Umwandlung des Methanols in seine toxischen Abbauprodukte hinausschiebt. Ethanol bindet ca. 25 mal stärker an Alkoholdehydrogenase als Methanol. | ||
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+ | Nach einer schweren Alkoholsucht mit Delirium tremens als Entzugserscheinung gibt man Ethanol, um zugunsten eines dringenden Eingriffes am Patienten die Symptome (u.a. Tremor) zu unterdrücken. | ||
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+ | ====== Ethanol als Kraftstoff ====== | ||
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+ | Ethanol kann normalem Kraftstoff (Benzin) zugemischt werden. Als Bioethanol bezeichnet man Ethanol, das ausschließlich aus regenerativer Biomasse hergestellt wurde. Chemisch gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen Bioethanol und anders hergestelltem Ethanol. Die in der als Rohstoff dienenden Biomasse enthaltene Stärke wird enzymatisch in Glukose aufgespalten und dieser anschließend mit Hefepilzen zu Ethanol vergoren. Bioethanol wird im Moment noch nicht wie das fossile Mineralöl extra besteuert. | ||
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+ | Im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll wird heute häufig über die Herstellung und den Einsatz biogener Treibstoffe (also Treibstoffe biologischen oder organischen Ursprungs) und die Reduzierung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen pro gefahrenem Kilometer debattiert. Der Preis für Bioethanol beträgt 2004 in Brasilien 0,19 US-$/l, in den USA 0,33 $/l und in Europa 0,55 $/l. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der technische Fortschritt noch geringere Produktionskosten zulässt. | ||
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+ | ===== Herstellung ===== | ||
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+ | Weltweit werden etwa 330 Millionen hl (33 Mrd. l) Ethanol hergestellt, | ||
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+ | Als Rohstoffe sind in Lateinamerika Zuckerrohr und in Nordamerika Mais von größter Bedeutung, denn sie liefern hohe Gehalte an Zucker und Stärke, die nach enzymatischer Aufspaltung als Glukose zur Ethanolproduktion durch Hefen genutzt werden. Die anfallende Bagasse aus der Melassenutzung ist schwer zu entsorgen, die Schlempe aus der Maisnutzung kommt jedoch in getrockneter Form als Maiskleberfutter (dried distillers grains and solubles, DDGS) auf den europäischen Markt. Mais als Rohstoff ist für Europa uninteressant, | ||
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+ | Die Bagasse, Melassevergärung wird aufgrund des geringen Nährwertes nicht direkt als Futtermittel für die Tierernährung eingesetzt. Oft jedoch wird die Restenergie der Bagasse über eine teils mehrstufige Methanvergärung in den Energiekreislauf der Destillerie zurückgeführt, | ||
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+ | Die Produktion aus Stärke und Zuckerrohr wird den langfristig steigenden Bedarf an Bioethanol nicht decken können. Die nur begrenzt zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Anbauflächen, | ||
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+ | ===== Energiebilanz ===== | ||
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+ | Die Nettoenergiebilanz der Alkoholerzeugung war nicht immer eindeutig positiv, aber die Industrie konnte innerhalb der letzten 10 Jahre einige entscheidende Durchbrüche erzielen. Am „Institute For Brewing and Distilling“ in Lexington (Kentucky) gelang beispielsweise die natürliche Selektion einer extrem thermostabilen Hefe, die eine Gärung bei weit höheren Temperaturen als bisher üblich erlaubt und unter Laborbedingungen Alkoholgehalte bis zu 23 % in der Vergärung von Mais erreicht; ein deutlicher Schritt gegenüber den sonst üblichen 13 bis 14 %. Die hohe Gärungstemperatur bedeutet eine erhebliche Energieersparnis bei der Kühlung und hinsichtlich der Dauer des Gärvorgangs. Sie ermöglicht eine vollständigere Vergärung der Maische. Auch die Enzyme, die den Rohstoffen zugesetzt werden, um Stärke aufzuschließen und Glukose freizusetzen (-Amylasen, | ||
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+ | Mit Blick auf die Bilanzen zu Energie, Treibhausgas und Wirtschaftlichkeit schneidet Getreide bei kalkulatorischer Berücksichtigung des Futterwertes der Nachprodukte am Besten ab. **Die vielfach aufgeworfene Frage, ob angesichts des ungelösten Hungerproblems in der Welt die Nutzung von Nahrungsmittelpflanzen zum Betrieb von Autos ethisch zu rechtfertigen ist, bleibt davon unberührt, ebenso die Frage, ob der hohe und wachsende Beschaffungsdruck sich auf die Ertragsfähigkeit der Böden nicht schon relativ schnell negativ auswirken könnte. Bzw. solche Flächen durch Rodung erst geschaffen werden...** | ||
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+ | Siehe die Problemdarstellung bei [[Biokraftstoffe]]. | ||
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